Buttermilch untern Kiel - Konzert mit dem Shanty-Chor in der Göttinger Stadthalle

Als bestes Doping vor dem Auftritt, erklärte Komiker Eberhard Schmah bei seiner Moderation des Marinekameradschaft-Jubiläumskonzerts am Sonnabend in der Stadthalle, gelte in Seemannskreisen ein kräftiger Schluck Buttermilch. Und wer ein gestandener, hartgesottener Seemann ist, der kippt ein Gläschen sicherlich ex und hopp runter. Ohne sich zu schütteln.

Zwar hat Göttingen keinerlei ernstzunehmende Küste, aber trotzdem seit genau 100 Jahren eine feste maritime Tradition: die Marinekameradschaft. Deren Shanty-Chor trat nun mit "Melodien von der Waterkant" auf, im Wechsel mit der vierköpfigen Gruppe Südwind aus Cuxhaven. Den Klassiker "What shall we do with the drunken sailor" hört man selten so kraftvoll wie vom Shanty-Chor unter der Leitung von Martin Engelke. Bernhard Jühlke war das erste von mehreren Chormitgliedern, die solistisch ins Wasser sprangen. Auch bei "Hein Mück aus Bremerhaven" gab es im Chor nur zwischen Links- und Rechts-Schunklern vorübergehende Unstimmigkeiten.

Dafür, dass harmonisch immer eine Handbreit Wasser unterm Kiel war, sorgte die souveräne Begleitband mit Beate Zimmermann und Uwe Lampe (Akkordeon), Ingo Teuchert und Heinz-Werner Hillmann (E-Gitarre), Klaus Rietz (E-Bass) und Gerhard Konetzka (Schlagzeug).

Vornehmlich Matrosen-Arbeitslieder bot die Gruppe Südwind mit Gitarre, E-Bass, Akkordeon, Perkussion und Gesang. "Johnny come along" weckte im Publikum denn auch echten Tatendrang. Freddy Quinns allzu kitschiges "Wenn die Sehnsucht nicht wär´" jedoch kam eher wie eine Überdosis Buttermilch daher. Gut, dass es anschließend mit dem Spiritual "Can the circle be unbroken?" noch rhythmisch und melodisch ungleich Reizvolleres gab. Eberhard Schmah, bekannt als "Bauer Piepenbrink", hatte zwischen den Stücken mit Erzählungen von ostfriesichen Bauern-Abenteuern zwischen Kuhstall und Schlafzimmer schnell die Lacher auf seiner Seite.

In der Pause rief die Kameradschaft zu seemännischer Solidarität für ein sächsisches Flutopfer auf: 686 Euro sammelte man für die Sanierung des durch das Hochwasser geschädigten Gasthofs "Zum goldenen Schiff" in Grimma.

Eike Brunhöber
( "Göttinger Tageblatt", 18.11.2002)